"Meine Jugend und meine Schönheit schenkte ich den Männern. Jetzt widme ich meine Weisheit und meine Erfahrung den Tieren." Brigitte Bardot sprach es, und fast könnte man meinen, die männlichen Protagonisten der Popmusik wussten sich des Ausspruchs der Muse nicht anders zu erwehren, als sich selbst in Getier zu verwandeln. Oder sich zumindest entsprechende Namen auf die Fahnen zu schreiben.
Auch wenn die musikalischen Akteure hier einem fatalen Irrtum aufgesessen sind – Bardot ging es um den Tierschutz und Kapellen mit animalistischer Titulierung gibt es seit jeher –, steckte in ihren Worte eine universelle Wahrheit: Im Zweifelsfall ist es das Tier, das dem Menschen – hier: der Frau – am nächsten steht. Auch in der Popmusik.
Nicht erst seit den Beatles ist das Tier prägendes Vorbild für die Namensfindung etlicher Bands. Neben Klassikern wie Eric Burdons Animals oder den für „I’m a Believer“ verantwortlichen Monkees gibt es heutzutage eine Vielzahl von Bands, die sich großzügig in Tierlexika bedienen.
So nutzte der Hamburger DJ Koze den vielsagenden Titel „My Girls“ von den Soundcollagisten des Animal Collective. Gleichzeitig konnte die Band Phoenix ihr viertes Studio Album Wolfgang Amadeus erfolgreich am Markt platzieren. Grizzly Bear gelang mit „2 Weeks“ vielleicht eines der sehenswertesten Videos des Jahres. Damon Albarn erscheint auch dieses Jahr nimmermüde, die Welt mit seiner Mangafantasie Gorillaz zu beglücken. Cat Power oder Pedro the Lion dürfen nach wie vor auf keiner grünen Cordcouch in Deutschlands melancholischen Mädchenzimmern fehlen. Der New Young Pony Club wusste gerade in Berlins Lido zu überzeugen, während der Kanadier Caribou sich erfolgreich in Deutschlands wohl berüchtigstem Club, dem Berghain, verdingte. Die Fleet Foxes versuchen ihrer Hörerschaft die Vorzüge des Hippiedaseins sowohl stilistisch als auch akustisch näher zu bringen. Die Arctic Monkeys, Modest Mouse und die Eagles of Death Metal gehören schon beinahe zum alten Eisen, während Bands wie Tame Impala oder die Foals die Indiecharts erobern. In diesem von Verkaufszahlen bestimmten Zoo finden sich des Weiteren Bands wie Wolf Parade, Panda Bear, Noah and the Whale, Band of Horses, die Antlers, Pony Pony Run Run oder Deerhoof.
Überhaupt tauchen im Wahrnehmungsfeld des aufgeschlossenen Hörers – und so eben auch in den sich daraus ableitenden Charts – zumindest gefühlt häufig Tiernamen auf. Der Schluss, dass Erfolg und Tiername Hand in Hand gehen, wäre allerdings gewagt und dürfte sich empirisch kaum belegen lassen. Die Vermutung jedoch bleibt und wird durch Gegenbeispiele bekräftigt. Die ehemals aufstrebende französische Popband Poney Poney zum Beispiel änderte ihren Namen im vergangenen Jahr in Jamaika und ist seit dem mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden. Eine befreundete Autorin bemerkte lapidar, sie wolle über eine Band mit diesem Namen auch gar nicht mehr schreiben.
So schließt sich der Kreis: Es sind vor allem Bands mit überwiegend männlichem Personal, die sich Tiernamen geben. Das Warum lieferte nachträglich Brigitte Bardot. Verbrieft ist jedenfalls, dass die meisten Jungmusiker schon früh wissen, wie sie persönlich die erste Reihe auf Konzerten bestücken würden. Und wenn es nicht die Musik ist, die das gewünschte Bild, die Emotionen und Gefühle in eben jener Angesungenen hervorruft, ist jedes Mittel recht. So hilft vielleicht ein Tier als Transporteur der zu kommunizierenden Attribute des Orchesters. Hauptsache, Frau liebt Mann. Oder eben Tier.